Stadtbusse in Stuttgart: Vollständig elektrischer Betrieb eingeleitet – Bus-Ladeanlage im Betriebshof Stuttgart-Möhringen in Betrieb genommen – 28 Ladepunkte mit bis zu 180 kW gespeist -
Infrastrukturförderung nach dem LGVFG ÖPNV: Land stellt für Ladeinfrastruktur Möhringen der SSB rund 13 Millionen Euro bereit
Verkehrsminister Winfried Hermann: „Das ist ein Schub für den batterie-elektrischen Busverkehr in Stuttgart. Die SSB übernimmt eine aktive Rolle beim Einsatz klimafreundlicher Antriebe im ÖPNV.“ -
Bürgermeister Peter Pätzold (Stuttgart): „Der elektrische Busverkehr in Stuttgart nimmt jetzt sichtbar Fahrt auf – ein gutes Zeichen für nachhaltige Mobilität.“
Stuttgart · Die ersten Linienbusse im Stuttgarter Stadtverkehr fahren jetzt rein elektrisch – ausschließlich über Batterien angetrieben. Die dazu nötige elektrische Ladeanlage im Busbetriebshof Stuttgart-Möhringen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wurde heute (4.September 2025) in Betrieb genommen. Ebenso laufen die ersten zehn Batterie-Gelenkbusse der SSB nun im Linienverkehr. Das Land Baden-Württemberg unterstützt diese Aktivitäten mit Zuschüssen nach dem Landesgemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz (LGVFG) im Bereich Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Die Erstellung der Ladeanlage Möhringen wird mit einem Zuschuss von rund 13 Millionen Euro gefördert. Eine weitere Ladeanlage entsteht im Busbetriebshof Gaisburg. Für die Beschaffung von 49 Batteriebussen stellt das Land für die Jahre 2024 und 2025 einen Zuschuss von insgesamt rund 14,2 Millionen Euro bereit.“
An der Inbetriebnahme der Ladeanlage Möhringen nahm Verkehrsminister Winfried Hermann teil, außerdem der stellvertretende Abteilungsleiter für Mobilität im Regierungspräsidium Stuttgart, Hermann Klyeisen, der Bürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, Peter Pätzold, ebenso der Vorstandssprecher der SSB, Thomas Moser, und der Chef der Bussparte bei Daimler, Till Oberwörder.
Verkehrsminister Winfried Hermann sagte bei der Einweihung: „Mit der neuen Ladeinfrastruktur und den neuen Bussen macht die SSB einen weiteren Schritt in Richtung einer klimafreundlichen Zukunft im Nahverkehr. Als Land unterstützen wir das Ziel des emissionsfreien Busverkehrs im Stuttgarter Kessel und darüber hinaus mit umfangreichen Förderungen. Die SSB erhält rund 24 Millionen für den Aufbau von Ladeinfrastruktur und über 14 Millionen für die passenden Elektrobusse. Die Fertigstellung des Betriebshofs in Möhringen ist ein Schub für den batterie-elektrischen Busverkehr in der Landeshauptstadt.“
Seitens des Regierungspräsidiums Stuttgart erklärte Abteilungsdirektor Hermann Klyeisen: „Die neue Ladeanlage ist ein Meilenstein für den emissionsfreien Nahverkehr in Stuttgart. Die Busse können im laufenden Betrieb zuverlässig geladen werden und für die Fahrgäste bedeutet das eine saubere und moderne Mobilität. Wir als Regierungspräsidium sind stolz, diesen Weg mit Fördermitteln aktiv begleiten zu können.“
Bürgermeister Peter Pätzold (Referat Städtebau, Wohnen und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart) äußerte: „Der SSB als dem kommunalen Verkehrsunternehmen der Landeshauptstadt kommt eine Vorbildrolle zu. Auf der Schiene fährt die SSB seit 130 Jahren elektrisch, das heißt sauber, klimafreundlich und leise. Jetzt folgt auf der Straße der elektrische Busverkehr in der Innenstadt. Dazu machen wir heute – mit kräftiger Unterstützung des Landes – einen großen Schritt nach vorne.“
„Für die SSB ist die Umstellung auf lokal emissionsfreie Busse der größte Transformationsprozess in fast hundert Jahren Linienbusverkehr in Stuttgart“, unterstrich Thomas Moser, Vorstandssprecher und Technischer Vorstand der SSB, die Aufgabenstellung. Moser dankte Minister Hermann und Regierungspräsidentin Bay, dass das Land sich mit rund 85 Prozent der Kosten am Aufwand für die ortsfesten Investitionen beteiligt: „Was wir damit gemeinsam an Vorteilen und günstiger Ausstrahlung für einen zukunftsfähigen, nachhaltigen ÖPNV bezwecken können, hat Signalwirkung.“
„Die Errichtung der Ladeinfrastruktur für die SSB in unmittelbarer Nähe unseres Firmensitzes hier in Stuttgart-Möhringen ist für uns etwas Besonderes. Mit unserem Komplettpaket aus Ladepunkten, E-Bussen und Serviceleistungen unterstützen wir die SSB dabei, die Elektrifizierung des öffentlichen Personennahverkehrs in unserer Metropolregion voranzutreiben und damit eine Vorbildfunktion für ÖPNV-Betreiber in vielen anderen Städten zu übernehmen“, sagt Till Oberwörder, Leiter von Daimler Buses.
Zielsetzung
Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2027 die Buslinien in der Innenstadt im regulären Linienverkehr auf emissionsfreie Busse umgestellt werden sollen. Dazu müssen etwa bis zu 80 Dieselbusse durch neue Busse ersetzt werden. Außerdem müssen die beiden Omnibusbetriebshöfe der SSB in Gaisburg und Möhringen mit der nötigen Ladeinfrastruktur ausgestattet werden. Die Ladeanlage in Möhringen ist nun regulär in Betrieb, nachdem der Probebetrieb Mitte Juni 2025 begann. Die Ladeanlage in Gaisburg soll im Spätherbst 2025 in der ersten Baustufe ihren Betrieb aufnehmen.
Für das Ziel einer emissionsfreien Innenstadt ist zusätzlich zur Ladeinfrastruktur in den Depots auch noch der Bau von Zwischenladeanlagen entlang einzelner Innenstadtlinien geplant, um künftig einen zuverlässigen Betrieb zu garantieren. Die Realisierung gestaltet sich sehr anspruchsvoll, da es vielseitige Anforderungen etwa an die Stromversorgung, den Platzbedarf und die Stadtplanung zu berücksichtigen gilt.
Ladetechnik und -logistik
Die neue Ladeanlage in Möhringen, für die das Land einen wesentlichen Zuschuss geleistet hat, umfasst 28 elektrische Ladepunkte. Somit können bei 28 Buseinheiten innerhalb derselben Anlage die elektrischen Speicherbatterien aufgeladen werden. Die Aufladung erfolgt in der nächtlichen Betriebspause der Busse. Die mechanische und elektrische Verbindung zwischen Ladepunkt und Bus stellt jeweils ein Pantograf her, der sich vom Gerüst der Ladeanlage auf das Dach des Busses absenkt. Es wird mit einer Ladespannung von bis zu 720 Volt gearbeitet und eine Ladeleistung bis zu 180 Kilowatt (kW) übertragen, je nach Ladezustand der Batterie. Die Lademöglichkeit über den absenkbaren Pantograf pro Standplatz spart Fläche und ist unfallsicherer gegenüber der Version mit Ladekabeln, die aus Ladesäulen kommend über den Boden verlaufen. Im Vergleich zu Bussen, bei denen jeweils ein Pantograf auf dem Dach jedes Fahrzeugs montiert ist und sich im Ladezustand nach oben gegen den Ladepunkt erhebt, spart die in Stuttgart gewählte ortsfeste Version, bei welcher der Pantograf von oben nach unten ausfährt, Platz auf dem Dach des Busses, der für weitere Batterien genutzt werden kann.
Da nach dem täglichen Einsatz die Busse im Depot gereinigt und technisch überprüft werden, verteilt sich sowohl der abendliche Zugang der Busse zeitlich ebenso wie das morgendliche Ausrücken. Somit steht für den einzelnen Bus jeweils eine ausreichende mehrstündige Ladezeit zur Verfügung, die genügt, damit bei jedem Fahrzeug bis morgens beim Ausrücken die Batterie wieder vollständig geladen ist. Dabei gilt das einfache Prinzip: Das Fahrzeug, das als erste abends eingerückt ist – und als erstes geladen wurde – steht ganz vorne und rückt demzufolge morgens auch als erstes wieder aus. Durch diese zeitliche Staffelung des Beginns der Ladezeit über einen Zeitraum von mehr als fünf Stunden wird bewirkt, dass jeweils nur für einen relativ kleinen Teil der Flotte gleichzeitig Ladestrom abgerufen werden muss. Das digitale Lademangement erstellt automatisch jeweils das optimale Ladeprofil pro Fahrzeug.
Während die nun eröffnete Ladeanlage in Stuttgart-Möhringen 28 Ladepunkte umfasst, werden im Busbetriebshof Stuttgart-Gaisburg in einer ersten Ausbaustufe 37 Ladepunkte installiert werden. Damit kann die SSB in einer Nacht insgesamt 65 Busse aufladen. Außerdem lassen sich tagsüber weitere Busse nachladen. Auf dieser technischen Grundlage ist es in einer weiteren Ausbaustufe möglich, zusätzliche Ladepunkte einzurichten. Mit der neuen Ladeanlage in Möhringen gehört die SSB zu einem der größten Betreiber dieser relativ neuartigen Technik. Die noch größere Anlage in Gaisburg wird dazukommen.
Einsatz der Busse
Grundsätzlich können die Batteriebusse auf allen Stadtlinien der SSB in Stuttgart eingesetzt werden. Die Traktionsbatterie der Gelenkbusse speichert eine Ladung von nominal bis zu 700 kWh. Die Speicherbatterie wird für den Fahrbetrieb zu hundert Prozent ihrer Kapazität geladen. So kann im Betrieb eine Laufleistung von bis zu etwa 200 Kilometern ohne Nachladung erreicht werden. Entsprechend müssen die Lauf- und Einsatzpläne der Busse angepasst werden. Der Umsatz an Strom und damit die Reichweite hängen auch von der Jahreszeit ab, da im Winterhalbjahr bei Kälte zusätzliche Energie für die Heizung des Busses benötigt wird. Somit wird hierfür eine weitere Verfeinerung der Umlaufpläne nötig. Der erste Batteriebus aus der Serie, die jetzt zehn Einheiten umfasst, traf Ende Mai 2025 bei der SSB ein und ging ab Anfang Juni erstmals probeweise in den Fahrgasteinsatz, die weiteren Exemplare folgten sukzessive.
Perspektive und Tradition
Zusätzlich zu den bis jetzt gelieferten zehn Batterie-Gelenkbussen werden im vieten Quartal 2025 weitere zehn Batterie-Gelenkbusse für den Standort Gaisburg und bis Anfang 2026 sechs Batterie-Solobusse erwartet. Der weitere Ausbau der Flotte an Batteriebussen für Stuttgart ist geplant.
Die SSB betreibt bereits seit 2020 Batteriebusse, diese wurden bisher per Kabel im Betriebshof geladen. Erstmals testete die SSB bereits 1975 Batteriebusse im Linienverkehr. Die Erfahrung der SSB mit seriennahen Bussen mit elektrischem Antrieb begann 1997 und wird seither fortgesetzt.
Stromversorgung/Netzanschluss
Zur Stromversorgung der Ladeanlagen musste die Übertragungsmöglichkeit aus dem Netz des öffentlichen Energieversorgers erweitert werden. Dazu war auf dem Gelände der SSB in Möhringen der Bau einer speziell dafür ausgelegten Transformatorenstation (Unterwerk) nötig, so dass in diesem Fall eine Leistung von vier Megawatt (MW) zur Verfügung steht. Das Unterwerk mit seinen Schaltanlagen für die Mittel- und Niederspannung wird direkt aus der Ringleitung aus dem Netz des Stromversorgers mit zehn Kilovolt (10 kV) gespeist. Die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Netzstation sowie auf der Stahlkonstruktion der Busaufstellfläche ist bereits vorgesehen.
Hersteller
Generalunternehmer für den Bau der elektrischen Ladeanlagen ist Daimler Buses. Wesentliche Elemente der elektrischen Ausstattung liefert Power Electronics. Die elektrischen Busse vom Typ eCitaro G liefert Daimler Buses. Ein Gelenkbus fasst über 100 Fahrgäste.
Hintergrundinformation
Das Landesgemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz (LGVFG) ist das zentrale Instrument zur Förderung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur im Land. Damit soll die Attraktivität von umweltverträglichen Verkehrsmitteln erhöht und der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vorangetrieben werden.
Bildzeile:
Jetzt kommt der Strom übers Dach: Die Ladeanlage für die elektrischen Busse der SSB wurde in Stuttgart-Möhringen in Betrieb genommen. An der Einweihung nahmen teil: Hermann Klyeisen vom Referat Mobilität beim Regierungspräsidium Stuttgart, Kaufmännischer SSB-Vorstand Mathias Hüske,
SSB-Vorstandssprecher Thomas Moser, Landtagsabgeordneter Thomas Hentschel, Verkehrsminister Winfried Hermann, Till Oberwörder (Chef der Bussparte bei Daimler), SSB-Arbeitsvorständin Annette Schwarz sowie Bürgermeister Peter Pätzold von der Landeshauptstadt Stuttgart. Foto: SSB AG