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Lebensbahnen - Dritter Band der Geschichtsreihe der SSB erschienen

Lebens-Bahnen heißt die Buchreihe der SSB über einstige Persönlichkeiten im Stuttgarter Nahverkehr, namentlich über frühere Vorstände der SSB. Nun ist der Band 3 erschienen, der sich etwa dem Zeitraum von 1925 bis 1945 widmet, und somit ist auch die Zeit des Nationalsozialismus enthalten.
 

Vier Vorstände waren in dieser Zeit für die SSB tätig: Der Straßenbauingenieur Heinrich Ling musste den massiven Ausbau des Schienennetzes und die neuen Strecken in die Vororte bewältigen. Als wichtiger Fachmann blieb er fast bis zur Rente im Amt, obwohl er kein Parteibuch besaß.

Josef Dobler, Ingenieur für elektrischen Eisenbahnbetrieb, fand in Stuttgart seine Berufung und entwickelte den deutschen Einheitswagen für Straßenbahnen maßgeblich mit, auch wenn der Krieg die Lieferung verhinderte. Doblers Rang als Fachmann war so groß, dass er den Chefposten bei der SSB erhielt, obwohl er von vorneherein als Feind der Nazis bekannt war. Obgleich die NS-Funktionäre mit Dobler den Nicht-Nazi Paul Loercher aus dem Amt drängten, mussten sie also erneut mit einem Nicht-Nazi vorliebnehmen.

Der Jurist Walter Schiller sollte nur eine Finanzaffäre bei der SSB in der Inflationszeit aufklären, machte sich aber so unentbehrlich, dass auch er in der NS-Zeit zunächst unbeschadet im Amt blieb.

Dennoch mussten Dobler und Schiller 1945 auf Weisung der Besatzungsbehörde ihre Stühle bei der SSB räumen, trotz hervorragender Entlastungszeugnisse, weil die Amerikaner strikt keine Führungskräfte aus der NS-Phase dulden wollten.

Ganz dubios war die Persönlichkeit des Alfred Liersch, den der neue Oberbürgermeister Klett 1945 nichts Böses ahnend als Chef der SSB für eine sehr kurze „Karriere“ einstellte. Denn Liersch, der Klein-Mafiosi und „Dämon mit Visitenkarte“, vermochte selbst den Oberbürgermeister sozusagen „fernzusteuern.“

 

‘Bewahrung und Bedrohung‘ heißt der Untertitel dieses Bandes. Denn zwischen diesen Polen spielten sich die Versuche der damaligen Vorstände der SSB ab, den Betrieb am Laufen zu erhalten, Mitarbeiter vor den Einflüssen der Nazis zu schützen und gleichzeitig im Amt zu bleiben, um das Unternehmen nicht fachlich wenig geeigneten Parteibuchkandidaten überlassen zu müssen. Obwohl dieser Spagat gelang und die SSB somit keine NS-Parteimitglieder in der Chefetage besaß, nützte dies den betreffenden Vorständen letztlich wenig. Wer also lesen will, wie sich „die gierigen Schatten politischer Katastrophen in die Instanzen hineinfraßen“, auch wenn die Oberen noch so anständig sein mochten, kann daraus nachdenklich seine Erkenntnisse ziehen – angesichts aktueller Abläufe in der Weltpolitik vielleicht kein schlechter Rat.

 

 

Recherche und Text für den neuen Band lagen wieder in der bewährten Hand der Stuttgarter Historikerin Claudia Lorenz, die Redaktion und Bildbeschaffung übernahm die Pressestelle der SSB.

Mit gut 150 Fotos und zeitgenössischen Grafiken, darunter einiges in Farbe, bietet das Buch parallel zum Text einen breiten Überblick über die Entwicklung der SSB in dieser Phase, mit Schwerpunkt in der NS-Zeit. Zahlreiche unveröffentlichte Aufnahmen beleuchten Technik, Stadt- und Verkehrsentwicklung, Zeitgeschichte, Zeitkolorit und natürlich die Menschen, Mitarbeiter und ihre Lebensumstände.

Damit füllt dieses Buch eine Lücke in der SSB-Chronik und zu diesem Aspekt der Geschichte der Landeshauptstadt.
 

Claudia Lorenz: Lebens-Bahnen – Persönlichkeiten aus Stuttgarts Nahverkehr.
Band 3: Bewahrung und Bedrohung – 1925 bis 1945

Enthält die Portraits von: Heinrich Ling, Josef Dobler, Walter Schiller und Alfred Liersch.

184 Seiten, 19 x 27 cm, rund 150 SW- und farbige Abbildungen. Gebunden.
ISBN 978-3-9819803-2-5. Preis 15,80 Euro.


Erhältlich im Straßenbahnmuseum Stuttgart, im Buchhandel und im SSB-Webshop.


Bisher erschienen:
Band 1 (2018) | Schienen durch die Stadt | Zeitraum etwa 1868 – 1900
Enthält die Würdigung von: Georg Schöttle | Alwin Moser/Isidor Jordan/Jakob Hiller | Georg Dinkel | Emil Kessler junior
 

Band 2 (2019) | Zwischen Kommerz und Kommunalisierung | Zeitraum etwa 1900 – 1925 |
Enthält die Würdigung von: Ernst Lipken | Heinrich Mayer | Paul Loercher | Valerian Ott
 

Geplant:
Band 4 | Zeitraum etwa 1946 - 1970 | Enthält die Würdigung von:
Wilhelm Schrag | Otto Bosler | Prof. Alfred Bockemühl | Wilhelm Speh | Helmut Seeger |
Erscheinung voraussichtlich 2021